Die Reise nach Afrika

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1957 kam eine eine junge hübsche Lehrerin frisch von der Uni an eine Volksschule an der Mosel und übernahm dort die erste Klasse. Nach zwei Jahren, als sie das Unterrichten gelernt hatte, trat sie einem Orden bei und ging als Lehrerin nach Afrika. Alle (Mädels :-) ) haben geweint. 

Ich glaube, damals schon beschloss ein junger Schüler zumindest ein Stückchen seines Lebens an die Entwicklungspolitik zu hängen. Zum Nutzen von Menschen denen nicht per Geburt das Glück unseres Reichtums geschenkt worden war.

So um die 20 hätte mich der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) als Entwicklungshelfer ausgesandt. Damals habe ich gekniffen aus den verschiedensten Gründen. Nun mit 40 hatte ich keine Wahl mehr. Man wird ja irgendwie auch nicht jünger.

Wir bereiteten uns gründlich vor. Ich suchte eine Organisation, der wir uns hätten anschließen können. Ich schaute mir verschiedene an, fand aber keine die mir zusagte, oder denen ich passte. Ich bat den "großen Chef" mir zu zeigen wohin wir fahren sollten und beschloss, dem nächsten Afrikaner zu folgen der mir über den Weg lief, und so eine Art Einladung aussprechen würde. Ich traf daraufhin in Berlin drei senegalesische Lehrer und damit stand unser Ziel fest.

Meine Absicht war, im handwerklichen und landwirtschaftlichen Bereich Eigeninitiative zu fördern. Weiter war das Ziel, eine Begegnung, einen Kontakt zwischen den verschiedenen Kulturen herzustellen. Der große Chef hat es uns nicht gerade leicht gemacht, doch schließlich haben wir alles gut überstanden.
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t So fuhren wir los: Der Lkw war 20 Jahre alt, aber gründlich überholt. An Bord Handwerkzeug und Material zur Metall und Holzbearbeitung, zur Reparatur von Fahrzeugen. Haltbare Lebensmittel (Getreide) und zentnerweise Klamotten zum Verschenken. Wir hatten 7oooDM in bar dabei und einige zehntausend DM zu Hause auf dem Konto, die uns jemand nach Bedarf später nachschickte. Einen Fotoapparat hatten wir nicht mit, aber von späteren Gästen bekamen wir freundlicherweise einige Bilder.
Das war die Reiseroute auf der Hinfahrt. Wie man sieht, war der Versuch an der afrikanischen Küste entlang zu fahren nicht erfolgreich. Das marokkanische Militär hatte damals das ganze Grenzgebiet gesperrt. (entgegen anderslautenden Auskünften in Rabbat). Wir mussten wieder ca. 2oookm nach Norden und dann mitten durch die Sahara. Zwischen Tamanrasset (Algerien) und Arlit (Niger) verloren wir unseren Wohnwagen. Wir konnten ihn im Sand nicht mehr ziehen. Dort gibt es einige hundert Kilometer keine befestigte Straße. u unser Hinweg 
t Reparatur im Sand. Ein Stein hatte sich hoch gedrückt und Kühler und Ventilator zerstört. Ersatzteile waren glücklicherweise vorhanden. Wir schafften den Sand, fanden im Niger wieder eine Straße, durchquerten Burkina-Faso und gelangten nach Bamako. Dort verluden wir den Lastwagen (in Ermangelung einer Straße) auf den Zug und fuhren damit bis Kayes. Dann auf guter Piste weiter.
In Bakel / Senegal erreichten wir wieder feste Straße. Zum ersten Mal erwischte zwei von uns die Malaria. Wir fanden einen Militärarzt der uns Spritzen verpasste und wir wurden wieder. Danach schluckten wir brav jede Woche unsere Tabletten. Dieser LKW hat "Heu" geladen, das Stroh von Erdnüssen. Viele LKW Unfälle waren zu sehen. Meist verlorene Achsen. Mal die vordere, mal die hintere. u  
  t Das ist ein Charette, das übliche Transportmittel, vor allem zwischen den wenigen Teerstraßen im Lande. Es besteht aus einer Achse mit Autorädern, einer Platte als Lade- oder Sitzfläche und zwei Rohren für das Zugtier. Gezogen wird das ganze von Pferd oder Esel. Belastbar mit drei bis zehn Personen, je nach Entfernung. Auf festgefahrenen Spuren (die normalerweise zwischen den Dörfern vorhanden sind) rollt das Charette ganz flott. Die heißeste Mittagszeit ist wegen der Tiere zu meiden.
Obwohl es aus der Ferne so aussieht, als wäre dort dichter Wald, löst sich das Bild beim Näherkommen schnell auf und die Bäume stehen recht einzeln und werden zudem von Jahr zu Jahr weniger. Zwischen den Bäumen werden zur Regenzeit (August und September) Hirse, Erdnüsse und eine Art Bohnen angebaut. Kommt der Regen nicht ausreichend schiebt manch einer Kohldampf das nächste Jahr. Brunnen mit gutem Wasser sind rar und 20 bis 40m tief. Trotz allem wäre die Landwirtschaft mit verschiedenen Maßnahmen optimierbar.  u  
    t Gemüse und Obst gab es kaum. Wir versuchten mit dem leicht salzhaltigen Wasser aus der "Fourrage" (einer Tiefbohrung mit Motorpumpe, von Chinesen als Entwicklungshilfe gebaut), einen Garten anzulegen. Nach anfänglichen Erfolgen brach mit zunehmender Hitze die Sache zusammen. Gegen Ende unseres Aufenthaltes fanden wir eine Stelle die für eine kleinen Garten ausreichend Süßwasser in 5 Metern Tiefe hergegeben hätte. Das Interesse daran war aber mäßig.
So sieht im Sahel ein Stall aus. Das Pferd wird einfach unter einem Baum angebunden. Der Esel im Hintergrund hat in Ermangelung eines Baumes ein Schattendach, denn selbst das Vieh würde von der Hitze verrückt werden. Der Baum hier ist ein Nimes. Einer der wenigen die 10 Monate ohne Regen auskommen und der einzige davon der so dicht ist, dass sein Schatten auch auch den Namen Schatten verdient. u Ein senegalesischer "Stall" 
Das war das Klassenzimmer füe 1 1/2 Jahre  t Obwohl diese Bild eine miserable Qualität hat kann man die schmutzigen Wände, die zusammenbrechenden Bänke und Fensterläden noch erkennen. Wer ganz genau in die hintere Ecke schaut entdeckt vielleicht drei helle Gesichter. Klassengrößen bis 70 Kinder, je nach Lehrertyp nur mit dem Stock beherrschbar. 2er-Bänke mit 3 bis 5 Kindern besetzt. Zum Renovieren wird vor allem auf Unterstützung aus Deutschland gewartet (obwohl Kalk zum Anstreichen nicht teuer ist. Doch bevor einer Hammer und Zange und Pinsel kauft, kauft er sich lieber neue Kleider).

unsere Werkstatt

Diese Werkstatt war der Hauptgrund der Reise. Daneben hatten wir einen gleich großen Raum für Holzbearbeitung. Dieses Dorf hat Strom, eine Seltenheit im Senegal. Das erste was wir bauten war der Werktisch. Normalerweise spielt sich alles auf dem Boden ab. Wir reparierten und bauten Charettes, luden Batterien (für Radios und kleine Fernseher in den umliegenden Dörfern ohne Strom). reparierten Hand- Kaffeemühlen, motorbetriebene Hirse und Erdnußmühlen, eine Erdnußpresse, Nähmaschinen, Autos, Lastwagen, Hocker, Fensterläden, ein Jagdgewehr, Schreckschußpistolen, Seilrollen (für Brunnen), eine Kreisel-tauchpumpe eines staatlichen Brunnenreinigunstrupps, bauten aus drei Restbrettern wieder einen Schrank, wir schmiedeten Gebisseisen für Pferde und Esel, bastelten Zuggeschirre, bauten viele Sitzbänkchen und sehr gute aber unverkäufliche Betten, reparierten mäßig erfolgreich ein Schweißgerät, wickelten einen Trafo um, reparierten Fensterläden und Türen, bauten eine "Maschine" zum Wasserziehen (zwei Mann drehen an einer Art Rolle die Eimer hoch) mit höchstem Wirkungsgrad, und schliffen ungezählte Messer und Cup-Cups (Buschmesser). Wir haben durchaus auch Mist gebaut, doch im großen und ganzen war man mit unserer Arbeit zufrieden.

Jeder Arbeit gingen umfangreiche Verhandlungen um den Preis voraus. Entlohnung nach Arbeitsstunden oder Quadratmetern (beim Anstreichen z.B.) war kaum möglich, weil dies relativ unbekannte Begriffe sind. Nach einem Jahr übernahmen meine senegalesischen Partner gegen eine wöchentliche Abschlagszahlung das Werkzeug und machten sich selbstständig. In der Folge half ich noch von Zeit zu Zeit mit (allein schon deshalb weil ich jede Woche meinem Geld hinterherlaufen musste, ich musste es mir praktisch selber verdienen).

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mehr Bilder

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Nach ca. 20 Monaten in Ndoulo zeichnete sich der Punkt ab, in dem "unsere Abwesenheit der Selbständigkeit mehr nützen würde als unsere Anwesenheit". Wir packten zusammen was unbedingt mitzunehmen war und machten uns auf die Reise. Diesmal wollten wir den kürzeren Weg an der Küste entlang nehmen, von dem wir gehört hatten, dass er jetzt möglich sei.

Irgendwie waren wir am Schluss ganz schön mitgenommen. Wir hatten alle mindestens einmal Malaria (teilweise trotz Pillenschlucken), ziemlich kräftezehrende Geschwüre und zum Schluss hatte ich eine Gelbsucht die mich ziemlich lahm legte. Aus der Stimmung der Heimfahrt entstand dieses etwas ruppige Gedicht: 

 

Anleitung für Deutsche zur Heimreise aus dem Senegal


1) Schon lange lebst du hier im Dreck 
 
Hast d' Schnauze voll und willst jetzt weg  
Allen Ballast schmeißt Du fort  
Machst deine alte Karre flott 
 

2)Asphalt Schlagloch Piste Sand  
Schon bist Du weg vom Mohrenland  
Fährst gradwegs in die Wüst rein  
nur nach Norden willst'e, heim! 


3)Stock gibt's nicht mehr nur noch Stein' 
 
hau'n dir in die Ölwann' rein  
Siehst dein ganzes bißchen Leben  
dem Herrgott in die Hand gegeben 
 

4)Musst du dann zur Küste ran  
Find'st sogar 'ne Eisenbahn  
Hüpfst und schlingerst durch die Nacht  
Kein bisschen Auge zugemacht 


5)Endstation Nouadibou 
 
Grenze dicht, bewacht und zu  
Krieg und Frieden eng vermischt  
Worum es geht weiß keiner nicht 
 

6)Viel Arme siehst mit lauernd' Mienen  
Und auch die, die dran verdienen  
Mit Uniform und Schießgewehr  
Ist man hinter Trinkgeld her 


7) Zur Flucht per Schiff hast du kein Geld? 
 
Dann musst du schwarz ums Minenfeld!  
Wühlst hinter deinem Führer her  
Bis zum nächsten Militär 
 

8)Das bringt dich zur Polizei  
Drei Tag' dann ist der Spuk vorbei  
Hast einen Stempel in dei'm Pass  
Und untern Rädern wieder Straß' 


9)Dann schnurstracks rauf nach Agadir 
 
Hier gibt's das erste gute Bier  
Säufst und singst die frohsten Lieder:  
"Zivil'ss'jon du hast mich wieder" 
 

10)Dann Rabbat Tanger Malaga  
Übermorgen bist du da  
Bleibst 'ne Zeit lang schön zu Haus  
(Reisen treibt die Flausen aus) 

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Was ist geblieben, was wurde erreicht? Vieles hat nicht geklappt. Fehler haben wir gemacht. Doch immerhin: Zwei, vielleicht drei junge Männer die zwar schon Handwerke gelernt hatten, aber alleine den Anfang nicht fanden, haben sich selbstständig gemacht (mit vielen Lehrlingen).

Kulturen sind sich begegnet. Er wurde viel zusammen geredet, gekocht, gegessen, diskutiert, gelacht, gestritten, gelebt, gearbeitet, gespielt.

Wer Interesse hat mehr zu erfahren (weil er möglicherweise ähnlich bescheuert ist): e-Mail:

Christoph Prüm

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Wir brauchten Monate um wieder einigermaßen Fuß zu fassen. Am Anfang hatten wir Mühe in Wohnräume voller Zeugs hineinzugehen. Inzwischen haben wir uns erholt und entspannt.

Das Resultat für uns?

Die Kinder haben ihr Wollof und ihr Französisch längst vergessen und ihren versäumten (deutschen) Unterricht längst aufgeholt. Doch irgendetwas wird ihnen bleiben von all den Orten, Menschen und Geschehnissen. Und wenn es nur die körperliche Erfahrung ist, wie man sich als Fremder in einer extrem unterschiedlichen Kultur zurechtfinden kann.

Und die Erwachsenen? Was bleibt denen?

Wir können es nur schwer ausdrücken. Wie sagte Don Juan:

"Ich bin viele Wege gegangen; ich bin hier"


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