***************************************************************************
1957 kam eine eine junge hübsche Lehrerin frisch von der Uni an eine Volksschule an der Mosel und übernahm dort die erste Klasse. Nach zwei Jahren, als sie das Unterrichten gelernt hatte, trat sie einem Orden bei und ging als Lehrerin nach Afrika. Alle (Mädels :-) ) haben geweint.
Ich glaube, damals schon beschloss ein junger Schüler zumindest ein Stückchen seines Lebens an die Entwicklungspolitik zu hängen. Zum Nutzen von Menschen denen nicht per Geburt das Glück unseres Reichtums geschenkt worden war.
So um die 20 hätte mich der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) als Entwicklungshelfer ausgesandt. Damals habe ich gekniffen aus den verschiedensten Gründen. Nun mit 40 hatte ich keine Wahl mehr. Man wird ja irgendwie auch nicht jünger.
Wir bereiteten uns gründlich vor. Ich suchte eine Organisation, der wir uns hätten anschließen können. Ich schaute mir verschiedene an, fand aber keine die mir zusagte, oder denen ich passte. Ich bat den "großen Chef" mir zu zeigen wohin wir fahren sollten und beschloss, dem nächsten Afrikaner zu folgen der mir über den Weg lief, und so eine Art Einladung aussprechen würde. Ich traf daraufhin in Berlin drei senegalesische Lehrer und damit stand unser Ziel fest.
Meine Absicht war, im handwerklichen und
landwirtschaftlichen Bereich Eigeninitiative zu fördern. Weiter war das Ziel, eine
Begegnung, einen Kontakt zwischen den verschiedenen Kulturen herzustellen. Der große Chef
hat es uns nicht gerade leicht gemacht, doch schließlich haben wir alles gut
überstanden.
******************************************************************************
die Bilder werden durch anklicken größer
******************************************************************************
Diese Werkstatt war der Hauptgrund der Reise. Daneben hatten wir einen gleich großen Raum für Holzbearbeitung. Dieses Dorf hat Strom, eine Seltenheit im Senegal. Das erste was wir bauten war der Werktisch. Normalerweise spielt sich alles auf dem Boden ab. Wir reparierten und bauten Charettes, luden Batterien (für Radios und kleine Fernseher in den umliegenden Dörfern ohne Strom). reparierten Hand- Kaffeemühlen, motorbetriebene Hirse und Erdnußmühlen, eine Erdnußpresse, Nähmaschinen, Autos, Lastwagen, Hocker, Fensterläden, ein Jagdgewehr, Schreckschußpistolen, Seilrollen (für Brunnen), eine Kreisel-tauchpumpe eines staatlichen Brunnenreinigunstrupps, bauten aus drei Restbrettern wieder einen Schrank, wir schmiedeten Gebisseisen für Pferde und Esel, bastelten Zuggeschirre, bauten viele Sitzbänkchen und sehr gute aber unverkäufliche Betten, reparierten mäßig erfolgreich ein Schweißgerät, wickelten einen Trafo um, reparierten Fensterläden und Türen, bauten eine "Maschine" zum Wasserziehen (zwei Mann drehen an einer Art Rolle die Eimer hoch) mit höchstem Wirkungsgrad, und schliffen ungezählte Messer und Cup-Cups (Buschmesser). Wir haben durchaus auch Mist gebaut, doch im großen und ganzen war man mit unserer Arbeit zufrieden.
Jeder Arbeit gingen umfangreiche Verhandlungen um den Preis voraus. Entlohnung nach Arbeitsstunden oder Quadratmetern (beim Anstreichen z.B.) war kaum möglich, weil dies relativ unbekannte Begriffe sind. Nach einem Jahr übernahmen meine senegalesischen Partner gegen eine wöchentliche Abschlagszahlung das Werkzeug und machten sich selbstständig. In der Folge half ich noch von Zeit zu Zeit mit (allein schon deshalb weil ich jede Woche meinem Geld hinterherlaufen musste, ich musste es mir praktisch selber verdienen).
************************************
************************************
Nach ca. 20 Monaten in Ndoulo zeichnete sich der Punkt ab, in dem "unsere Abwesenheit der Selbständigkeit mehr nützen würde als unsere Anwesenheit". Wir packten zusammen was unbedingt mitzunehmen war und machten uns auf die Reise. Diesmal wollten wir den kürzeren Weg an der Küste entlang nehmen, von dem wir gehört hatten, dass er jetzt möglich sei.
Irgendwie waren wir am Schluss ganz schön mitgenommen. Wir hatten alle mindestens einmal Malaria (teilweise trotz Pillenschlucken), ziemlich kräftezehrende Geschwüre und zum Schluss hatte ich eine Gelbsucht die mich ziemlich lahm legte. Aus der Stimmung der Heimfahrt entstand dieses etwas ruppige Gedicht:
1) Schon lange lebst du hier im Dreck Hast d' Schnauze voll und willst jetzt weg Allen Ballast schmeißt Du fort Machst deine alte Karre flott |
2)Asphalt Schlagloch Piste Sand
|
3)Stock gibt's nicht mehr nur noch Stein' hau'n dir in die Ölwann' rein Siehst dein ganzes bißchen Leben dem Herrgott in die Hand gegeben |
4)Musst du dann zur Küste
ran |
5)Endstation Nouadibou Grenze dicht, bewacht und zu Krieg und Frieden eng vermischt Worum es geht weiß keiner nicht |
6)Viel Arme siehst mit lauernd' Mienen
|
7) Zur Flucht per Schiff hast du kein Geld? Dann musst du schwarz ums Minenfeld! Wühlst hinter deinem Führer her Bis zum nächsten Militär |
8)Das bringt dich zur Polizei
|
9)Dann schnurstracks rauf nach Agadir Hier gibt's das erste gute Bier Säufst und singst die frohsten Lieder: "Zivil'ss'jon du hast mich wieder" |
10)Dann Rabbat Tanger Malaga
|
*******************************************************************
Was ist geblieben, was wurde erreicht? Vieles hat nicht geklappt. Fehler haben wir gemacht. Doch immerhin: Zwei, vielleicht drei junge Männer die zwar schon Handwerke gelernt hatten, aber alleine den Anfang nicht fanden, haben sich selbstständig gemacht (mit vielen Lehrlingen).
Kulturen sind sich begegnet. Er wurde viel zusammen geredet, gekocht, gegessen, diskutiert, gelacht, gestritten, gelebt, gearbeitet, gespielt.
Wer Interesse hat mehr zu erfahren (weil er möglicherweise ähnlich bescheuert ist): e-Mail:
Christoph Prüm
******************************************************************
Wir brauchten Monate um wieder einigermaßen Fuß zu fassen. Am Anfang hatten wir Mühe in Wohnräume voller Zeugs hineinzugehen. Inzwischen haben wir uns erholt und entspannt.
Das Resultat für uns?
Die Kinder haben ihr Wollof und ihr Französisch längst vergessen und ihren versäumten (deutschen) Unterricht längst aufgeholt. Doch irgendetwas wird ihnen bleiben von all den Orten, Menschen und Geschehnissen. Und wenn es nur die körperliche Erfahrung ist, wie man sich als Fremder in einer extrem unterschiedlichen Kultur zurechtfinden kann.
Und die Erwachsenen? Was bleibt denen?
Wir können es nur schwer ausdrücken. Wie sagte Don Juan:
"Ich bin viele Wege gegangen; ich bin hier"
zurück zum Christophnetz zu Christophs Seite zu Elisabeths Seite