Wanderjahre
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Im Jahre '86 beschlossen wir, das Dorf, in dem wir wohnten zu verlassen, und uns anzuschauen, was es sonst noch gäbe in der Welt.

Komm mit, sagte der Hahn,
etwas besseres als den Tod
finden wir überall

(aus den Bremer Stadtmusikanten)

Wir bauten einen Möbellaster als Wohnung aus und richteten uns darin ein. Als wir losfuhren, waren die Kinder 4, 5 und 7 Jahre alt.

Unser Haus, zuerst vermietet, verkauften wir bald. Den Wohnsitz meldeten wir ab. Wir sind nie mehr dorthin zurückgegangen.

Wenn man äußere Heimat aufgibt, mit allem, was dazu gehört - Freunde, Bekannte, Arbeit - kommt man leicht ins Schleudern. Man muß eine innere Heimat finden, eine geistige.

Deutschland war unser Thema und wurde uns Heimat. Wir lieben das Land, die Sprache, seine Lieder, seine Vielfalt. Nicht daß wir immer unkritisch wären. Wer das Richtige liebt, kommt nicht umhin, schon mal das, was falsch ist, zu hassen.

Es war auch nicht immer leicht.

Mancher hat auf seiner Reis',
ausgestanden Müh und Schweiß
und Not und Pein, das muß so sein

Trägt's Felleisen auf dem Rücken
Trägt es über tausend Brücken
Bis er kommt nach Innsbruck rein,
Wo man trinkt Tiroler Wein.

aus einem Volkslied

Behörden aller Art hatten nicht immer gerade Verständnis für unsere Lebensweise.

Die Kinder fingen an, in die Schule(n) zu gehen. Wo wir gerade waren. Meist standen wir mit unserem fahrbaren Haus auf privaten Grundstücken, z.B. auf (Bio-) Höfen, wo wir mitarbeiteten; oft aber auch auf öffentlichen Parkplätzen (solange man uns ließ).

Jugendämter können nur sehr schwer davon überzeugt werden, daß Pflegekinder nicht unbedingt eine festen Wohnsitz für ihr Wohlergehen brauchen.

Und mancherorts packen langgediente, erfahrene Beamte nicht den logischen Sprung von der Tatsache, daß der Staat dem Bürger in jedem Falle den Besitz eines Ausweises vorschreibt; bis hin zu der Erkenntnis, daß dann auch in jedem Falle jemand für das Ausstellen des Ausweises zuständig sein muß.

Im Winter fuhren wir regelmäßig ans Mittelmeer. Am schönsten war es in Griechenland. Kinder, die drei Monate lang ungestört an "ihrer" Privatbucht am Meer spielen können; wo gibt es das denn sonst? Nur unterbrochen von (maßvollem) Schulunterricht bei Muttern. Denn irgendwo mußten ja die bruchstückhaften Ergebnisse pädagogischer Bemühungen der verschiedensten Lehrer vernetzt werden.

Im dritten Jahr wurden wir ruhiger. Wir blieben je ein halbes Jahr an einem Ort. Wir merkten auch, daß es langsam genug war und beschlossen nun etwas Vernünftiges zu machen. Etwas, was uns notwendig erschien und ich eigentlich schon lange vorhatte:

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(in manchen Situationen gibt es kein zurück)